Robert Hunecke-Rizzo - Mehrsprachige Erziehung
Natürlich ist der Gedanke einer zwei- oder mehrsprachigen Erziehung reizvoll und pädagogisch interessant. Aber die Umsetzung im Alltag ist nicht ganz leicht und mit einigen Stolperfallen versehen.
Meine Frau ist Italienerin, in Deutschland geboren, aber immer noch mit ihrer Kultur und Sprache verbunden. Als wir Eltern wurden, bot sich eine zweisprachige Erziehung Deutsch/Italienisch an. Sogar die Erweiterung um die dritte Sprache Englisch war geplant. Dann kam allerdings der Alltag bzw. das Leben dazwischen.
Wie strukturiert man überhaupt diese mehrsprachige Erziehung? Wer spricht wann mit wem welche Sprache? Die Idee war folgende: Meine Frau spricht mit den Kindern Italienisch, ich spreche mit ihnen Englisch, und zusammen sprechen wir Deutsch. Soweit die Theorie. Die Schwierigkeit bei der Umsetzung in die Praxis ist die fehlende Abgrenzung der Gesprächssituationen, denn bei einem regen Familienleben überschneiden sich natürlich die Personenkonstellationen. Die fehlende Möglichkeit der klaren Trennung führte schnell zu Resignation und Nachlässigkeit. Eine weitere Schwierigkeit waren instinktive Situationen wie z.B. Auseinandersetzungen o. ä., bei denen wir schnell ins Deutsche zurückfielen, weil es der leichtere Weg der sprachlichen Umsetzung war. Anfangs funktionierte die Umsetzung noch, aber die Phasen der deutschsprachigen Eingleisigkeit wurden immer länger, bis man sich wieder an das idealistische Vorhaben erinnerte. Über die ersten paar Jahre verlor sich so der Gedanke und übrig blieb der Besuch der Kinder einer deutsch-italienischen Schule (DIGS in Wolfsburg), das Italienisch bei den Besuchen und Aufenthalten der Kinder bei meinen Schwiegereltern, viele Urlaube in Italien, bei denen die Kinder z. B. beim Spielen mit anderen Kindern Italienisch sprechen mussten, und wenige Momente der Rückbesinnung, in denen auch ich versuchte, meine Sprachkompetenzen aufzubessern.
Im Rückblick empfinde ich es als Verlust, dass wir die in den jungen Jahren vorhandene Sprachlernfähigkeit unserer Kinder nicht konsequent gefördert haben. Mittlerweile sind die Kinder 11 und 14 Jahre alt, verfügen noch über gewisse Grundkenntnisse des Italienischen und lernen in der Schule neben Englisch auch Spanisch und Französisch mit guten Ergebnissen.
Mehrsprachige Erziehung erfordert viel Konsequenz und Geistesgegenwart. Das Leben mit Kindern beinhaltet aber auch viele Überraschungen, die nicht immer kalkulierbar sind.
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